Mehr Kinder: Zwillinge
Als echte Seltenheit wurde es früher bestaunt, wenn man mehr Kinder als eins bekommen hat, also beispielsweise Zwillinge. Eher niedrig war noch zu Beginn der 1980er Jahre die Wahrscheinlichkeit, dass man mehr Kinder als einst bekommt, wie beispielsweise gleich zwei Kinder auf einen Streich. Gerade einmal Zwillinge waren bei 85 Geburten dabei. Auf etwa 50 Geburten kommt heutzutage bereits ein Zwillingspaar. Diesem Trend haben sich auch viele Prominente angeschlossen. Mehr Kinder als eins hat beispielsweise US-Schauspielerin Julia Roberts. Sie hat genauso Zwillinge wie der 46-Jährige Desperate-Housewives-Star Marcia Cross. Sängerin Jennifer Lopez (38) geht es genauso, auch sie hat mehr Kinder als eins. Da wollte natürlich auch das Traumpaar aus Hollywood Angelina Jolie und Brett Pitt in nichts nachstehen.
Auch in Deutschland sieht man mittlerweile Zwillinge, wohin man schaut. Egal ob im Hamburger Stadtpark, auf der Düsseldorfer Königsallee oder im Englischen Garten München – überall sieht man immer häufiger schnittige Kinderwagen im Doppelformat. Zwillings-Papas sind beispielsweise Fußball-Profi Miroslav Klose und die Schauspieler Axel Prahl und Thomas Heintze. Inzwischen leben in Deutschland und 1,6 Millionen Zwillinge. Diese Tendenz steigt. Vor diesem Boom sind jedoch lediglich die zweieiigen Zwillinge betroffen, da die Anzahl der eineiigen Zwillinge stagniert. Eineiige Zwillinge sind und bleiben Exoten. Sie haben die gleiche Haarfarbe, die gleiche Blutgruppe, das gleiche Erbgut und ähneln sich – wie der Name schon sagt – wie ein Ei dem anderen. Dies können beispielsweise die Prominenten Tom und Bill Kaulitz von der Gruppe “Tokio Hotel”, der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski und dessen Bruder Jaroslaw sowie die beiden amerikanischen Schauspielerinnen Ashley und Mary-Kate Olsen von sich behaupten.
Dr. Tobias Anger, Zwillingsforscher am Institut für Humanbiologie in Hanau sagt, dass eineiige Zwillinge dann entstehen, wenn sich eine Eizelle zwischen dem ersten und 13. Tag nach der Befruchtung außerplanmäßig teilt. Bisher haben Forscher noch nicht entdeckt, warum die Eizelle dies tut. Deshalb hat nur das Schicksal einen Einfluss auf dieses kleine Wunder. Bei der Geburt von Zwillingen, die aus zwei unterschiedlichen Eizellen entstehen, sieht das anders aus. Sie sind eigentlich gleichaltrige Geschwister, die nur zur Hälfte das identische Erbgut haben, ähnlich wie andere Schwestern und Brüder. Wenn die Eltern dann mehr Kinder als ein kommen, können dabei eben auch ein Mädchen und ein Junge geboren werden, die sich nicht einmal sehr ähnlich sehen müssen. Das zwei Eizellen bei mehr Kinder als einem parallel heranreifen, ist das Prinzip, welches dahinter steckt. Normal ist nur eine pro Zyklus. Diese beiden Eizellen werden dann von zwei Samenzellen befruchtet.
Für die moderne Medizin ist es dabei kein Geheimnis, was die Stimulierung mehrere Eizellen begünstigt. Dies können künstliche Befruchtung, Hormonbehandlungen, dass die Vitamin B Folsäure oder das höhere Alter von werdenden Müttern sein. Der Anstieg des Hormonspiegels, der die Eireifung fördert (FSH), kommt bei vielen Frauen mit zunehmendem Alter vor. Oft reifen deshalb zwei oder sogar drei Eier parallel heran, wenn die Frau 30 Jahre oder älter ist. Dass Frauen mit Kinderwunsch, die prophylaktisch das Vitamin B Folsäure einnehmen (soll die Wirbelsäulendeformation Spina bifida beim Kind verhindern), deutlich mehr Zwillinge bekommen (also mehr Kinder als eins) als andere Frauen, haben jetzt schwedische Forscher in Untersuchungen festgestellt.
Dass sich immer mehr Frauen einer Hormonbehandlung unterziehen, um schwanger zu werden, ist ein weiterer Grund für den Zwillingsboom. Dabei stimulieren Medikamente die weiblichen Eierstöcke. Aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Eizellen zur Reifung kommen und man mehr Kinder als eins bekommt, erhöht sich. So gebären etwa 25% der Frauen, die so behandelt und schwanger wurden mehr Kinder als eins, also Mehr-, meistens Zwillinge.
Mit der Einführung der In-vitro-Fertilisation (IVF) hängt der Anstieg der Zweifach-Schwangerschaften ebenfalls eng zusammen. Weil mit jedem zusätzlichen Embryo die Chance auf eine Schwangerschaft steigt, werden bei der IVF mehrere im Reagenzglas befruchtete Embryonen in die Gebärmutter eingepflanzt. Da der Gesetzgeber in Deutschland nicht mehr erlaubt, liegt hier die Grenze bei drei Embryos. Im Hinblick auf die Statistik basiert heute fast jede zweite Zwillingsgeburt in Deutschland auf einer Fruchtbarkeitsbehandlung. Damit gehen viele Eltern offen um.
Wenn die Eltern mehr Kinder als eins bekommen haben, beispielsweise eineiige Zwillinge, verbringen diese Kinder bis weit in die Pubertät mehr Zeit miteinander als mit anderen Menschen. Außerdem legen eineiige Zwillinge sehr viel Wert darauf, dass sie sich ähnlich sehen. Teilweise kommt es im Hinblick auf die engere Vertrautheit, die man übrigens auch bei zweieiigen Zwillingen findet, zu Skurrilitäten. Die beiden Kindern entwickeln beispielsweise oft eine Sondersprache, die nur sie und nicht andere verstehen können.
Für Experten ist die enge Bindung kein Wunder. Denn die prägendste Zeit ihres Lebens verbringen Zwillinge schließlich miteinander. Und diese Zeit beginnt vor der Geburt. Professor Birgit Arabin, die ihren Fokus als eine der ersten Wissenschaftlerinnen überhaupt auf pränatale Zwillingsforschung gerichtet hat, erklärt, dass die heranwachsenden Kinder bereits im Mutterleib interagieren und man Aussagen über das soziale Verhalten, die Neugier und ihr Temperament treffen könne. Eine Station für Risiko Geburten betreut die deutsche Gynäkologen in Zwolle (Niederlande).
Im Mutterleib tanzen, küssen, experimentieren und kommunizieren Zwillinge bereits ab der neunten Schwangerschaftswoche. Abenteuerlustige Föten erkunden und ertasten dabei neugierig die Umgebung, während sanfte Gemüter gähnen und streicheln. Die Wände der Gebärmutter werden zudem von besonders ausgelassenen Heranwachsenden oft minutenlang als Trampolin benutzt. Deutlich kann man postnatal dann diese Charakterzüge wiederfinden. Die Forscherin erläutert, dass sich die Umwelt schon vor der Geburt auf das Verhalten auswirke. Dies sei beispielsweise die Position im Mutterleib, der Platz in der Gebärmutter, den der Zwilling jeweils zur Verfügung hat. Auch der Umstand, dass eine Plazenta miteinander geteilt werden muss, habe auf das spätere Leben Einfluss. Die Forscherin verrät auch, dass auch das Geschlecht eine Rolle spiele. Im Bauch gehe es generell gesittet zu, wenn sich Zwillingsmädchen im Fruchtwasser befinden. Erste Annäherungsversuche und heftige Sympathieattacken gingen meist vom Jungen aus, wenn Brüderlein und Schwesterlein wie bei zweieiigen Zwillingen neun Monate im Mutterleib vereint sind.
Dass der kleine John, wie seine Eltern ihn später nannten, in der 20. Schwangerschaftswoche in der Regel wach und lebendig war, seine Schwester Patrizia dagegen leicht verschlafen, entspannt und still, stellten britischer Forscher fest, welche dieses Zwillingspaar im Mutterleib bei ihrer Entwicklung begleiteten. John bewegte sich immer wieder zu der trennenden Eihülle und weckte mit Streicheln und Seinen-Kopf-an-ihr-reiben die Schwester.
Wenn Eltern mehr Kinder als eins bekommen, also zum Beispiel Zwillinge, werden diese von Psychologen oft als sehr fürsorglich und soziale kleine Persönlichkeiten bezeichnet. Wenn es jedoch zur prä- und postnatalen Beurteilung von Drillingen kommt, ist diese Thematik mit Sicherheit noch etwas diffiziler. Doch auch damit wird sich die Wissenschaft in Zukunft eingehender beschäftigen. Schließlich beträgt der Anstieg von Drillingsgeburten seit dem Jahr 1974 333%. Auch da bekommt man mehr Kinder als eins.