Unter der Hypochondrischen Störung (Hypochondrie = griechisch chondros = Knorpel, Gegend unter den Rippen) versteht man die übertriebene Besorgtheit um die eigene Gesundheit. Erkrankte achten vermehrt auf ihre Körpersignale und deuten leichte Veränderungen als schwere Krankheit. Ganz normale, alltägliche körperliche Wahrnehmungen werden als mögliche Krankheitszeichen wahrgenommen. Häufig konsultieren sie den Arzt, wobei jedoch bei ausführlichen und wiederholten Untersuchungen kein Befund erstellt werden kann, weil keine körperlichen Ursachen zu finden sind. Die Missempfindungen der Betroffenen und die befürchteten Ängste um eine Krankheit sind für andere schwer nachvollziehbar. Sie wechseln sehr häufig den Arzt. Man nennt das auch Doctor Hopping oder Doctor Shopping.
Oft bleibt ihre Angst über längere Zeit bestehen und ihre Befürchtungen beziehen sich auf schwere, über einen längeren Zeitraum verlaufende Krankheiten wie z.B. AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) oder verschiedene Arten von Krebserkrankungen. Menschen mit einer Hypochondrischen Störung werden im Volksmund auch als Hypochonder bezeichnet. Man spricht von der eingebildeten Krankheit. Jeder 20. Patient leidet unter der Hypochondrischen Störung und kann aufgrund fehlender Krankheit nicht geheilt werden. Das sind ca. 4 bis 9 % der Patienten in einer Praxis für Allgemeinmedizin. Dank dem Internet ist es heutzutage ein Leichtes, sich über Krankheiten und ihre Symptome zu erkundigen. Die Hypochondrie erfährt dadurch eine neue Art der Ausprägung, die sogenannte Cyberchondrie.
Laut ICD-10 und DSM- IV (Diagnostisches und Statistisches Handbuch Psychischer Störungen = Internationale Klassifikation der Krankheiten) handelt es sich bei der Hypochondrischen Störung um eine eigenständige somatoforme Störung. Somatoforme Störungen sind körperliche Beschwerden, die nicht oder nicht hinreichend auf organische Ursachen zurückzuführen sind. Herz-Kreislauf-Beschwerden, Erschöpfung, Müdigkeit sowie verschiedene Schmerzsymptome können dabei auftreten. Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Wahnstörungen, die sich mit der übermäßigen Beschäftigung mit der eigenen körperlichen Erscheinung befassen, z.B. der Dysmorphophobie.
Auch psychogene, funktionelle Störungen, allgemeines psychosomatisches Syndrom, Konversionshysterie, vegetative Dystonie, Briquet-Hysterie, psychische Überlagerung, gehören in den Bereich somatoforme Störung und grenzen sich von der Hypochondrie ab. Die Hypochondrische Störung kann sehr quälend für die Betroffenen und ihre Umwelt sein. Frauen und Männer sind in gleicher Weise betroffen. Deutschland gehört mit zu den Spitzenreitern in der Angst um Krankheit.
Menschen mit einer Hypochondrischen Störung leiden oft unter Ängsten und depressiven Stimmungsschwankungen. Die Folge daraus sind erhebliche Einbußen in der Zwischenmenschlichkeit. Betroffen ist das berufliche Umfeld, der Familien- und Freundeskreis. Auch die Partnerschaft wird schwer belastet, weil die Umgebung genervt ist von der krankhaften Beschäftigung des Betroffenen mit seinen angeblich körperlichen Beschwerden. Auf Dauer zieht sich das Umfeld entnervt zurück. Der Erkrankte droht in die Isolation abzurutschen und hoffnungslos in die eigene “Krankheit” zu versinken.
Ein leichtes hypochondrisches Verhalten kann zwar sehr lästig sein, jedoch besteht hier kein Grund zu großer Besorgnis. Hilfreich ist hier ein Umfeld, was dem Erkrankten keine übermäßige Schonung und Zuwendung schenkt. Ausschlaggebend ist natürlich die Intensität der hypochondrischen Einstellung des Erkrankten. Menschen mit einer hypochondrischen Störung haben eher ungünstige Heilungsaussichten. Therapeutische Konzepte, die allseits anerkannt sind, gibt es nicht. Psychotherapie und soziotherapeutischen Korrekturen können eine mögliche Therapieform sein. Pharmakotherapeutische Medikamente bei hypochondrischen Wahn, Antidepressiva beim depressiven Wahn. Bei schizophrenen Erkrankungen werden meist Neuroleptika eingesetzt.