Histrionische Persönlichkeitsstörung

Typisch für die histrionische Persönlichkeitsstörung (HPS) (von englisch histrionic “schauspielerisch; theatralisch, affektiert” zu lateinisch histrio “Schauspieler”), früher auch als hysterische Persönlichkeitsstörung bezeichnet, sind übertriebenes, theatralisches und egozentrisches Verhalten und die Tendenz zur Dramatisierung. Personen mit diesem Krankheitsbild, die auch Histrioniker genannt werden, haben ein dauerndes Verlangen nach Anerkennung, Bewunderung und den Wunsch, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Dies erreichen sie, indem sie sich betont verführerisch kleiden und benehmen. Sie haben ein übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität. Je nachdem was dem Gegenüber gerade am meisten imponiert, kann das Verhalten sehr schnell wechseln. Oberflächlichkeit und eine labile Stimmungslage können mit dem Krankheitsbild einhergehen.

Histrioniker sind oft extrovertiert, sozial ungezwungen und kontaktfreudig. Sie haben aber nicht selten auch einen Hang zur Aggressivität. Selbstbemitleidung und Schuldabwehr sind oft die Reaktionen bei Stress, wobei Sie deutlich ein Bedürfnis nach sozialer Unterstützung und Selbstbestätigung zeigen. Die histrionische Persönlichkeitsstörung zeichnet sich durch extreme Suggestibelität aus. Sie können sehr leicht durch andere beeinflusst werden, wobei sie oft nach Übereinstimmung des Gegenüber streben und deren Position übernehmen. Genauso passen sie sich dem jeweiligen Umfeld an, wobei es möglich ist, die Persönlichkeit deutlich zu verändern. Angeblich soll es möglich sein, Histrioniker leicht zu hypnotisieren.

Das Selbstwertgefühl von Menschen mit histrionische Persönlichkeitsstörung ist schwach ausgeprägt. Sie haben aber ein sehr ausgeprägtes Gespür, wie andere auf ihr Auftreten reagieren. Die Bestätigung durch das Umfeld ist für sie sehr wichtig deshalb neigen sie oft zur theatralischen, exzessiven Selbstdarstellung. Histrioniker suchen ständig nach Stimulation und Neuem. Ihr enthusiastisches Interesse an etwas kann aber ebenso schnell wieder verloren gehen. Sprachlich äußert sich das in einem oberflächlichen Sprachstil und schnellem Themenwechsel, der zuweilen impressionistisch und detailarm ist.

Histrioniker sind offen für oft wechselnde sexuelle Beziehungen. Sie investieren viel Zeit und Geld in körperliche Attraktivität. Typischerweise besteht ein ausgeprägter innerer Drang, zu flirten und sich (sexuell) verführerisch zu verhalten. Anfängliche, überschwängliche Begeisterung in einer sexuellen Beziehung weicht sehr schnell einer Enttäuschung. Die Partner sind nur die Objekte der emotionalen Manipulation. Sie haben keinen Einfluss auf den Gefühlsumschwung des Histrionikers. Sie fordern immer wieder Liebesbeweise ein, was in extremen Fällen zu Spannungen führen kann.

Ein Motiv zur Beachtung und Liebe durch das soziale Umfeld kann auch bis zum Selbstmordversuch reichen. Erpresserische Drohungen können damit verbunden sein und müssen ernst genommen werden. Weitere Versuche oder die Vermeidung solcher Impulshandlungen im Rahmen der histrionischen  Persönlichkeit sind schwierig zu vermeiden. Nach vielen Versuchen kann es dann zum erfolgreichen Suizid kommen, deshalb ist die statistische Lebenserwartung bei der histrionische Persönlichkeitsstörung verkürzt.

Bei der Diagnose der histrionische Persönlichkeitsstörung werden folgende Kriterien überprüft.
Diagnosekriterien nach ICD-10

  • Andauerndes Verlangen nach Aufregung, Anerkennung durch andere und Aktivitäten, bei denen die betreffende Person im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht.
  • Dramatisierung bezüglich der eigenen Person, theatralisches Verhalten, übertriebener Ausdruck von Gefühlen
  • Übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität
  • Oberflächliche und labile Affektivität
  • Suggestibilität, leichte Beeinflussbarkeit durch andere Personen oder Umstände
  • Unangemessen verführerisch in Erscheinung und Verhalten.

Häufig besteht eine Komorbidität zur Borderline und Narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Die Abgrenzung zur histrionische Persönlichkeitsstörung ist deshalb sehr schwierig. Therapeutisch kann sehr gut eine Psychoanalyse helfen, die zu der Behandlung von hysterischen Neurosen entwickelt worden ist.