Die heutige Schulsituation ist für Eltern und Kinder, sicher auch für die Lehrer, wesentlich komplizierter und schwieriger als früher. Das gilt für alle Schüler, wobei Schüler mit ADS / ADHS sicherlich eine besondere Herausforderung zu bestehen haben. Diese allerdings jeden Tag auf ein Neues. Selbst wenn der vorherige Tag erfolgreich und erstaunlich friedlich verlaufen ist, so kann schon am nächsten Morgen die nächste Katastrophe ins Haus stehen. Der Schulalltag ist für betroffene Familien ein Tanz auf dem Drahtseil. Zusätzlich zu den schon bestehenden Wahrnehmungsstörungen bei ADS / ADHS werden die betroffenen Kinder, wie alle anderen auch, durch die Situation beeinträchtigt, dass es in der Grundschule immer früher Noten gibt, sie viel früher unter Druck geraten Leistung zu erbringen und immer häufiger vor Augen gehalten bekommen, dass am Ende der vierten Klasse die Noten darüber entscheiden, welche Beurteilung für die weiterführende Schule das Kind erhält. Nicht wenige Eltern üben hier einen enormen Druck auf ihre Kinder aus. Selbst die Kinder, welche nicht in deutlichem Maß unter Leistungsdruck gesetzt werden, damit sie auf das Gymnasium gehen können, erfahren über ihre Mitschüler einen regelrechten Leistungskampf. Diese Situation wirkt sich natürlich auf alle Kinder negativ aus, jedoch ist sie für ADS / ADHS Kinder besonders erdrückend, da diese sich häufig bewusst sind, dass sie unterhalb ihres möglichen Leistungsniveaus arbeiten. Allerdings ist ihnen auch klar, dass sie dieses nicht ändern können, obwohl sie sich noch so sehr anstrengen. So wird Lernen und Leistungsabfrage schnell zur Qual.
Die Lehrer geben ihr Bestes, um den Kindern die Schule als einen schönen Ort nahe zu bringen, an den sie gerne denken und an dem sie positive Erfahrungen machen. Dabei steht auch der Lehrer einer Vielzahl von hohen Anforderungen gegenüber. Zum einen ist da der Lehrplan, der sehr genau definiert, was die Schüler in welchem Zeitraum können müssen. Dann gibt es da noch die Eltern mit zum Teil sehr unterschiedlichen Ansichten darüber, was ein Lehrer tun oder lassen sollte und wie er ganz gezielt mit dem eigenen Kind umzugehen hat. Diese Individualität ist nicht leistbar. Schon gar nicht bei heutzutage üblichen Klassenstärken von bis zu 30 Schülern. Nicht zuletzt sind da auch noch die Kinder, denen der Lehrer gerecht werden möchte und die er individuell fördern muss. Befinden sich nun die durchschnittlichen 5% ADS / ADHS Kinder in einer Klasse, wird die Aufgabe für den Lehrer äußerst schwierig. Sieht er sich ohnehin schon von den Eltern der Klasse in hohem Maß bedrängt ( “warum sitzt mein Kind immer hinten”, “warum ist es im Unterricht so laut”, “mein Kind muss im Unterricht etwas trinken”….), so wird er nicht mit überschwänglicher Begeisterung reagieren, wenn Eltern auf ihn zukommen und mitteilen, dass das Kind ADS / ADHS hat und unter Umständen einer gezielten Hilfestellung bedarf. Aus der Befürchtung heraus, sich den Lehrer für den Rest der Schulzeit zum Feind zu machen, sprechen viele Eltern das Problem nicht an und riskieren somit, dass das Kind in die berühmte Schublade “Störenfried”, “ Unruhestifter”, “schlecht erzogen”, “stinkfaul”, “dumm”, “uninteressiert” ….. etc. gesteckt wird. Sicher ist es nicht einfach, sich dem Gespräch mit dem Lehrer zu stellen. Aber in Hinblick auf die weitere Schulkarriere des Kindes und dessen Seelenleben ist es unabdingbar und notwendig. Problematisch ist hierbei vor allem, dass ADS / ADHSmeist erst in der Schulzeit diagnostiziert wird. Zwar war vor allem dasschon im Kindergarten auffällig und eventuell schon in einer Außenseiterposition, jedoch wurde dieses in der Regel nicht mit einem ADHS KindADS / ADHS in Verbindung gebracht. Fällt nun in der Schule wiederum das Verhalten des Kindes auf, so sehen die Eltern erst einmal ihre Hoffnungen enttäuscht, dass mit dem Schulbeginn alles anders wird und “ das schon klappen wird”. Kommt es dann zum Gespräch mit dem Lehrer , ist das Kind meist schon in besagter Schublade gelandet. In den meisten Fällen führen die Schwierigkeiten in der Schule erst einmal zu langen Diskussionen. Die Stimmung zwischen Schule und Elternhaus ist oftmals sehr konfliktgeladen.
Zum Glück ist die Aufklärung über ADS / ADHS heutzutage auch in den Schulen immer weiter verbreitet, so dass zum Teil die Lehrer schon mit dem Verdacht auf ADS / ADHS in ein Elterngespräch gehen. Dieses ist für die Lehrer sicher auch immer eine schwierige Situation, da sie nie wissen können wie die Eltern auf einen solchen Verdacht reagieren. So kann es sein, dass die Eltern selbst schon Verdachtsmomente in diese Richtung haben und vielleicht sogar schon einen Arzt um Rat gefragt haben. In diesem Fall werden die Eltern wahrscheinlich erleichtert reagieren und es wird sich wahrscheinlich ein gutes Gespräch entwickeln, welches das Ziel hat, dem Kind zu helfen. Unter Umständen erfährt der informierte Lehrer aber auch Ablehnung und Gegenwehr, weil die Eltern sich angegriffen fühlen und in eine Abwehrposition gedrängt werden. Hier ist äußerstes Fingerspitzengefühl gefordert. Auch kann es passieren, dass Eltern einen Verdacht auf ADS / ADHS haben, diesen vielleicht schon mit dem zuständigen Kinder- und Jugendarzt thematisiert haben, aber beim Lehrer im Gespräch darüber den Eindruck erwecken, sie wollten nur eine Entschuldigung für das Fehlverhalten ihres Kindes finden. Für Eltern und Lehrer kann es also sehr hilfreich sein, sich in solchen Gesprächen Hilfe von außen zu holen. Das kann der Kinderarzt sein, welcher Kontakt zum Lehrer aufnimmt um klarzustellen, dass hier vermutlich eine ADS / ADHS Erkrankung vorliegt und gemeinsam mit den Eltern nach einem Weg für das Kind gesucht werden sollte. Es gibt aber auch die Möglichkeit sich Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe zu holen, aus der eventuell auch jemand derartige Gespräche begleitet und als neutrale Person über dieADS / ADHS Problematik aufklärt. Auch selbst betroffene Eltern aus der gleichen Schule kommen hier als Mittler in Frage. Einfach sind diese Gespräche sicherlich nie. Sie sind aber für das Wohlergehen des betroffenen Kindes und seines weiteren Schullebens von äußerster Dringlichkeit. Auch das Sozialleben und somit die seelische Gesundheit des Kindes sind von einer umfassenden Aufklärung der Schule bezüglich desabhängig. Nur so lässt sich eine Ausgrenzung und ein negatives Selbstbild des ADS / ADHSADS / ADHS Kindes vermeiden. Auch weiteren Sekundärerkrankungen wie zum Beispiel Depressionen und Ängsten wird hier von vorneherein vorgebeugt.
Ist das ADS / ADHS bereits bei Schuleintritt oder aber bei Übergang in die weiterführende Schule bekannt, sollten sich die betroffenen Eltern nicht scheuen, dieses Problem von vorneherein offen anzusprechen. Sicher muss man davon ausgehen, dass es immer wieder Schulen gibt, welche nach Kenntnisnahme dass ein ADS / ADHS vorliegt, das Kind nicht aufnehmen wollen. Jedoch sollten Eltern hier ganz deutlich Stellung beziehen und eine Schule, die dem Problem ADS / ADHS ablehnend gegenüber steht oder aber offen Zweifel äußert, nicht in Erwägung ziehen. Nur eine Schule, die von Anfang an Bereitschaft signalisiert, sich der ADS / ADHS Problematik zu stellen und mit Eltern und Kind in offenem Austausch zusammen zu arbeiten, kann eine gute Schule für das betroffene Kind sein. Auch von einem Verschweigen der ADS / ADHS Problematik ist aus diesem Grunde deutlich abzuraten. Fällt das Kind nach kurzer Zeit doch wieder auf ( davon ist vor allem bei einem ADHS Kind auszugehen), fühlen sich die Lehrer womöglich hintergangen und reagieren erst recht mit Abwehr. Außerdem kann so bei der Klasseneinteilung keine Rücksicht auf die Erkrankung genommen werden. Das wäre jedoch wichtig, da so vermieden werden kann eine sehr große Anzahl an ADS / ADHS Kindern in einer Klasse zu konzentrieren. Eine gleichmäßige Verteilung der Betroffenen ist für alle Beteiligten wünschenswert. Befindet sich das Kind dann auch noch an einer Schule, von der bekannt ist, dass sie ADS / ADHS Kinder nicht oder nur ungern aufnimmt, ist der Ärger vorprogrammiert. Ein offenes Wort schafft Klarheit für beide Seiten, signalisiert klar den Wunsch der Eltern nach Zusammenarbeit und wird dem betroffenen Kind während der Schullaufbahn deutlich helfen. Das heißt nicht, dass es Vergünstigungen oder besondere Behandlung bekommt. Es geht hier vielmehr um Verständnis und gegebenenfalls Unterstützung durch die Schule in Form von Abzeichnungen der Hausaufgaben, kurze Informationswege Schule-Eltern… .