Beispiele für geeignete Fälle der Mediation

Grundsätzlich sind alle Streitfälle für eine Lösung im Wege der Mediation geeignet, in
denen die Streitparteien über den problematischen Sachverhalt hinaus auch weiterhin
miteinander auskommen müssen. Dies kann bedingt sein durch eine wirtschaftliche
Abhängigkeit, aber auch, weil die Parteien z.B. benachbartes Wohneigentum haben.
Geradezu prädestiniert für ein Mediationsverfahren sind alle nachbarrechtlichen
Streitigkeiten. Hier geht es in aller Regel um Missverständnisse und Nachlässigkeiten, die das Gegenüber persönlich verletzen und kränken. Sachverhalte, in denen das
Grillverhalten des Nachbarn zum Streit eskaliert oder die hohe Wuchsfreudigkeit der
nachbarlichen Hecke zum Eklat führt, sind bestens geeignet, ohne ein endgültiges und
richterliches, somit vollstreckbares Urteil beigelegt zu werden. Denn Nachbarn sind zeitlich in der Regel über Jahre aneinander gebunden und treffen gerade in ihrer Freizeit aufeinander. In dieser eigentlich entspannenden Zeit sollte aber Frieden herrschen. Und zwar ein Frieden, bei dem beide Parteien das Gesicht wahren und beide zu Zugeständnissen bereit sind, die der andere wahrnimmt und anerkennt.
Dank der zurückliegenden sehr mieterfreundlichen Rechtsprechung in Deutschland
werden auch mietrechtliche Streitfälle immer häufiger auch in einem  Mediationsverfahren erledigt. Beiden Mietparteien ist in aller Regel daran gelegen, das Mietverhältnis aufrecht zu erhalten. Geht es um die Beendigung, ist Ziel beider Parteien, schnellstmöglich und bestmöglich zu einer Lösung zu kommen. Ein Gerichtsverfahren anzustreben, kostet neben sehr viel Geld immer häufiger auch immer mehr Zeit. Mit langfristig leer stehenden Wohnungen aber ist weder den Vermietern noch potentiellen Mietern geholfen. Ein ähnliches gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis besteht im Arbeitsrecht zwischen Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer bzw. den Arbeitnehmern unter sich. Für Unternehmen wird es zusehends schwieriger, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Ist jemand eingearbeitet, möchte man diese Fachkraft, egal auf welcher Ebene, nur ungern hergeben. Andererseits ist es gerade jetzt äußerst schwierig, als Arbeitnehmer auf
dem Arbeitsmarkt neu Fuß zu fassen. Es heißt also auch hier, im Streitfall zu einer Lösung zu kommen, die es beiden Seiten ermöglicht, einander weiterhin auf Augenhöhe zu begegnen und sich auch in diese schauen zu können. Nahe liegend auch für dieses Erfordernis: die Mediation!

In allen Fällen ist unabdingbare Voraussetzung, dass die Ursache und die Auswirkung des Streit auslösenden Sachverhalts frühzeitig erkannt und sich Hilfe geholt wird. Die
Mediation muss frühzeitig einsetzen, der unabhängige Dritte mit hoher sozialer Kompetenz und empathischen Fähigkeiten eruieren, worum es denn eigentlich und ursprünglich ging und geht. Sind die Fronten erst einmal so verhärtet, dass man sich gerade nicht mehr an einen Tisch setzt und auf ein vollstreckbares Urteil pocht, kann auch ein noch so gut ausgebildeter und talentierter Mediator nichts mehr ausrichten. Hier kann ein Mediationsverfahren dann allenfalls als Vorbereitung und Unterstützung in Frage kommen, wird aber regelmäßig wegen des dann zusätzlichen Kosten- und Zeitaufwands nicht genutzt werden.

Autor: Rechtsanwältin Antje Schaarschmidt