Die anankastische Persönlichkeitsstörung (altgriechisch ανάγκη, anánke, “Zwang”, “Zwangsläufigkeit”) wird auch als zwanghafte Persönlichkeitsstörung oder auch als Zwangspersönlichkeitsstörung bezeichnet. Betroffene haben das zwanghafte Bedürfnis, alle eventuell auftretenden Gefahren im Alltag abzuwenden, indem sie versuchen, Kleinigkeiten perfekt zu erledigen, nichts zu übersehen und nach zeitintensiven Listen und Plänen zu leben. Die Erkrankten müssen eine ständige Kontrolle über sich haben. Ihre Gefühle sind von großer Vorsicht und Zweifel gekennzeichnet. Oft leiden sie an ihrem Perfektionismus und ihrer Starrheit im Denken (Rigidität). Bestehende Beziehungen werden dadurch belastet, weil auch die Partner das starre System von Regeln und Erledigungen beachten müssen. Arbeiten werden lieber selber erledigt, damit auch alles seine Ordnung hat. Viel Zeit bleibt da kaum für die Partnerschaft und das Vergnügen. Die anankastische Persönlichkeitsstörung ist nicht mit einer Zwangsstörung gleichzusetzen. Betroffene müssen keine Zwangshandlungen wie zum Beispiel zwanghaftes Händewaschen, wie es bei Zwangsstörungen vorkommt, ausführen. Es kann jedoch sein, dass unerwünschte und beharrliche Impulse und Gedanken auftreten. Schätzungsweise tritt die Erkrankung bei etwa 1,7 bis 6,4 Prozent der Bevölkerung auf.
Symptome und Beschwerden bei anankastischer Persönlichkeitsstörung
Die Störung beginnt meist im frühen Erwachsenenalter. Zwanghafte Persönlichkeiten streben nach Perfektion und sind tendenziell mit ihren eigenen Leistungen nie endgültig zufrieden. Betroffene handeln nach einem tief greifenden Muster, dem Drang nach Perfektion, Ordnung und psychischer sowie zwischenmenschlicher Kontrolle auf Kosten von Flexibilität. Dies löst bei ihnen kaum lösbare Konflikte aus, da ihre Aufgaben und Vorhaben nur schwer realisierbar sind. Selbst auferlegte, übertrieben, strenge Normen und Effizienzfragen, lassen die eigentliche Aktivität in den Hintergrund treten. Zwanghafte Menschen nutzen ihre Zeit schlecht. Freizeitaktivitäten werden genau geplant und wichtige Dinge bis zum letzten Augenblick aufgeschoben. Entscheidungen werden durch die Unentschlossenheit immer wieder hinausgeschoben, sodass Vorhaben und Aufträge nicht richtig erledigt werden können. Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung können affektives bzw. emotionales Verhalten Anderer nicht tolerieren. Gern spielen sie aufgrund ihrer Gewissenhaftigkeit den “Moralapostel”, sind bei sich und anderen sehr genau. Ihr Ausdruck von Gefühlen ist häufig vermindert und deshalb wirken sie dementsprechend rational und kühl.
Bei Kritik von Autoritätspersonen reagieren sie außergewöhnlich sensibel und verletzt.
Die an anankastischer Persönlichkeitsstörung erkrankten Menschen neigen zu Depressionen und weisen oft Symptome anderer Zwangserkrankungen auf. Sie können sich nicht von wertlosen, abgetragenen Dingen trennen, auch wenn sie keinen Erinnerungs- und Gefühlswert für den Erkrankten besitzen. Aufgrund von befürchteten, künftigen Katastrophen geizen sie sehr mit dem Geld. Die zwanghafte Persönlichkeitsstörung unterscheidet sich sehr deutlich von der Zwangsstörung, weil sie keine Zwangshandlungen und Zwangsgedanken einschließt. Obwohl die beiden Begriffe sehr ähnlich klingen, stehen sie in keiner Beziehung zueinander.
Ursachen der anankastischen Persönlichkeitsstörung
Die anankastische Persönlichkeitsstörung ist oft die Folge einer unbehandelten AD(H)S (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung). Erkrankte versuchen ihre Desorganisiertheit häufig dadurch zu kompensieren, dass sie sich zur Strukturiertheit und Ordentlichkeit regelrecht zwingen. Misserfolge und Fehler werden durch Detail- und Planungsversessenheit versucht zu verhindern.
Behandlung bei anankastischen Persönlichkeitsstörung
Das vordergründige Therapieziel ist die Psychotherapie und die Soziotherapie. Da die Patienten meistens aus sozialem Druck (Familie, Partner etc.) und nicht aus eigenem Antrieb kommen, steht nicht die Heilung im Vordergrund sondern die Verbesserung der sozialen Kompetenz und die Strukturierung des Umfeldes. Wichtig ist zu Beginn eine tragfähige Beziehung von Therapeut zu Patient, da die Therapie sonst abgebrochen wird. Bei bestehender Komorbidität zu anderen Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen kann eine begleitende medikamentöse Behandlung angezeigt sein. Die anankastische Persönlichkeitsstörung ist nicht endgültig heilbar.